Mittwoch, 16. Februar 2011

Neuigkeiten von der Farm

Ein weiterer Tag auf unserer „kleinen“ Farm geht zu Ende. Und ich bin von Mücken zerstochen wie nie zuvor in meinem Leben. Die letzten Tage haben wir mit Ernten verbracht. Am Montag ist es nicht so gut gelaufen. Ich war langsam und wenig motiviert. Die Bäume waren doof und mein Bin wollte einfach nicht voll werden. Unsere Gang wurde in den letzten 90 Minuten noch in die Pfirsiche versetzt. Zunächst musste ich mich damit erstmal arrangieren. Doch mit der Zeit fing ich an, Pfirsiche zu mögen. Und lecker sahen sie aus, zum anbeißen. Knapp einen halben Bin habe ich geschafft, als der Feierabend eingeläutet wurde. Nicht gerade eine Glanzleistung.
Gestern waren wir den ganzen Tag in den Pfirsichen. Zu Beginn war ich richtig gut in Form. Es sah beinahe so aus als hätte ich meine Pflückleistung von einem auf den anderen Tag verdoppelt. Mir lief der Schweiß über den Rücken und Pfirsichstaub klebte im Gesicht. Ich war so richtig in meinem Element, einem neuen Element. Und es roch nach Geld, das erste mal seit ich mich schwere Leitern hoch quäle und tonnenweise Früchte herunter trage. Nur leider hielt das nicht lang an… Kurz vor Mittag kam der große Schock. Jeder weiß wie gerne ich Spinnen mag. Eine Spinne und einen Baum weiter gleich noch zwei. Groß, grau und absolut eklig. Kein Vergleich zu Weberknechten und anderen deutschen 8-Beinern. Ich hab gebrüllt und bin von der Leiter gesprungen, glücklicherweise stand ich nur noch auf der zweiten Sprosse. Mir stockte der Atem vor Schreck und schon war es vorbei mit der Schnelligkeit. Nachdem ich meine Sektion mit neun Bäumen abgegrast hatte, wurde mir die nächste zugeteilt. Es hat nicht lang gedauert. Ich ahnte es schon. Eine riesige Spinnenwebe im Geäst. Dick und zäh wie Gummi. Wie am Ende eines Regenbogens ein Goldsack zu finden sein soll, vermutete ich am Ende der Spinnenwebe eine Spinne. Und so war es auch. Pfirsich für Pfirsich misstrauisch abgezupft, da sah ich sie, fett, zusammengerollt zwischen den saftig gelben Früchten versteckt. Ein widerlicher Anblick, erneut ein Schrei. Im nächsten Baum drei. Das war der Höhepunkt. Zunächst habe ich eine mit meiner sau schweren Leiter samt Netz aus der Krone gezerrt. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Hässlich und schwarz diesmal. Die nächste war so groß wie ein Pfirsich selbst und ist mir über die Hand gelaufen, dann war es endgültig vorbei. Ich habe Basti aufgesucht und ihm mein Leid geklagt. Völlig aufgelöst habe ich die nächsten 20 Minuten bis zur Mittagspause damit verbracht, mich zu beruhigen. Ich fragte Rob, unseren Ganger, ob wir am nächsten Tag weiterhin Pfirsiche pflücken. Diese Frage konnte er mir jedoch nicht beantworten. Dennoch bat ich ihn, mich einer Gruppe zuzuteilen, die nur Birnen pflückt. Ich quälte mich den Rest des Tages. Mir wurde nahe gelegt doch keine Angst mehr zu haben. Die Spinnen seien nützlich und absolut harmlos… sehr witzig;’)
Endlich Feierabend. Zurück im Camp, ich sitze auf meinem Bett, schon fast auf dem Sprung zur Dusche, als es an die Tür klopft. Ray, der Verantwortliche, erkundigte sich nach meinem Tag. Er hätte einen Job für mich, ab morgen. Wenig später holte mich Ben ab und zeigte mir alles. Ich werde in einem Team an der Erntemaschine eingeteilt, Gott bin ich glücklich. Und Stundelohn soll es geben, $ 18.75 die Stunde. Es fehlte noch eine Person und man hatte an mich gedacht. Juhu, alles zum richtigen Zeitpunkt. Schlussendlich ein Glückstreffer.
Nachdem ich heute Morgen meine Sektion abschließen sollte, wurde ich eine Stunde später abgeholt. Rob bat mich noch den aktuellen Baum fertig zu pflücken, was mir Peter, ein freundlicher Australier, abnahm. Er hatte mir bereits gestern geholfen. Er ist „Profipflücker“ und gab mir gleich noch wertvolle Tipps über Australien mit auf den Weg.
Ich wurde zu meinem neuen Arbeitsplatz, der Erntemaschine, gefahren. Davon hat es zwei auf der 3000 ha großen Farm, die jeweils von einem Team aus 5 Personen bedient werden. Es gibt einen Fahrer, zwei Mädels die die aufgesammelten Pfirsiche auslesen, einen der hinterher läuft und den sich füllenden Bin im Auge behält sowie nebenbei die erreichbaren hängen geblieben Pfirsiche abpflückt und mich. Ich bin dafür zuständig, dem Fahrer durch Handzeichen zu verstehen zu geben, wie er die Maschine lenken muss, damit er den Baum richtig einspannen kann, um diesen dann zu schütteln. Ich bin begeistert.
Mal sehen wie lange ich mich auf diese Weise von Pfirsichbäumen mit Spinnen und schweren Leitern fernhalten kann...

Freitag, 11. Februar 2011

von Farm zu Farm

Am Dienstag ging es erneut in die Birnen. Ich habe mich um 6.00 Uhr aus dem Bett gequält, 6.15 Uhr gab es wie immer Frühstück und anschließend ging es zum Treffpunkt. Diesmal ging alles etwas schneller voran, da wir nicht mehr eingewiesen werden mussten. Den angefangen Bin vom Vortag aufgesucht, die Leiter stand noch an Ort und Stelle, ging es los. Der angefangene Bin war schnell fertig gestellt und die nächsten dauerten gar nicht mehr so lange. 3 Bin’s konnten mir abgestempelt werden. Da es am ersten Tag nur einer war, sah die Bilanz nun schon etwas freundlicher aus. Nach Feierabend war die Pflücktechnik und die Anzahl der zu füllenden Bin’s wieder Thema Nummer eins. $ 38.50 sollte es pro vollen Bin geben, abzüglich der Steuer von 29%. Mit 4 Bin’s am Tag, 6 Tage die Woche (Samstag wird nicht gearbeitet und Sonntag nur in bestimmten Fällen) könnte man sich nach Abzug von Kost und Logis ($ 135.00 pro Woche) noch gut Geld in die Tasche stecken. Die 4 Bin’s muss man nur erstmal schaffen. Die Männer sind nah dran. Ich bin über 2,5 Bin’s pro Tag schon glücklich.

Mittwoch, der 3. Tag stand ins Haus. Mit Muskelkater quälte ich mich wieder aus meinem Bett. So gar nicht motiviert stieg ich die Leiter hinauf und füllte meinen Sack. Irgendwann lief Tim an mir vorbei und meinte für $ 31.00 mache er seinen Bin noch fertig und danach sei er weg. Unser Ganger hat uns nicht mitgeteilt, dass sich der Bin-Preis geändert hat seitdem wir alle Birnen pflücken. Einige Zeit später kam auch Basti bei mir vorbei. Es brauchte nicht viele Worte und wir waren uns einig es Tim und Nicole gleich zu tun und unsere sieben Sachen zusammen zupacken. Nach 1,5 Bin’s beendete auch ich gegen Mittag meine Arbeit. Wir mussten sowieso gehen, da es in unserem Block kleine Bäume mehr hatte und unser Ganger es nicht für nötig hielt, uns einen neuen zu zuteilen. Bei Accordarbeit sollte man das wohl erwarten können, denn schließlich ist jeder für seinen Verdienst selbst verantwortlich. Der Ganger war sowieso eine Spezies für sich. Ein Bauer mit ganz viel Matsch in der eigenen Birne.

Alles zusammengepackt suchten wir vier einen Campingplatz auf. Dieser lag am Murray River, der die Grenze zwischen Victoria und New South Wales bildet. Es gab weder fließend Wasser noch Outside Dunnys. Wir schlugen das Zelt auf und organisierten unser mittlerweile aus allen Nähten platzendes Gepäck. Wie sich später herausstellte war der ganze Platz nur von deutschen Fruit Pickern bewohnt. Birnen, Zitronen, Pföhrssche und Pflaumen, es war alles zu finden. Jeder hatte andere Stories zu berichten. Sehr interessant wars. Der Abend verging in großer geselliger Runde bei viel Bier und wieder mal Goon. Noch auf der Pullar Farm wurden wir von zwei anderen Pflückern mit einigen Telefonnummern und Adressen anderer Farmen versorgt und Basti hatte diese noch wenig erfolgreich angerufen. Eine weitere Nacht im Zelt stand uns bevor und keiner wusste wie der Donnerstag enden würde. Am Vormittag, nachdem wir mal wieder gediegen ausschlafen durften, haben Basti und Tim sich auf den Weg ins Dorf gemacht. Sie wollten es beim Harvest Office versuchen. Basti hatte herausgefunden, dass es neben der Pullar Farm noch die Cornish Farm, hier werden auch Birnen gepflückt, gibt. Das sind die beiden größten Farmen in der Region und auch die einzigen mit Unterkunft. Die Cornish Farm, bei der wir uns von Melbourne aus schon Online beworben hatten, sucht im Moment leider keine Leute. Doch Basti hat sich davon nicht irritieren lassen und trotzdem nachgefragt. Siehe da, am Morgen hat ein Picker die Farm verlassen und es ist somit ein Zimmer frei geworden, welches wir direkt beziehen konnten. Der Aufbau des „Camps“ ist grundsätzlich der Gleiche wie auf der Pullar Farm. Doch hier ist alles viel freundlicher, besser organisiert und gepflegt. Nachdem wir unsere Sachen im Zimmer 13 Block West, mit Fenster diesmal und etwas größer, einen Spint gibt es auch, verstaut hatten bekamen wir eine fachliche Einweisung von Ray, er ist der Verantwortliche hier. Unser Ganger wurde uns vorgestellt. Er macht einen sehr viel netteren Eindruck und auch sonst ist der Umgang viel warmherziger. Und das Beste, es gibt hier Internet. Somit lässt es sich doch gleich viel besser leben! Mit Erntesack und Hut ausgestattet gingen wir zu unserem Zimmer zurück und ich kam schon mit den ersten Pflückkollegen ins Gespräch.
Zu jeder Mahlzeit ertönt ein Blashorn. Die Sandwiches zum Mittag werden uns zu den Bäumen gebracht. Und im Speisesaal geht es heiß her. Man kann hier am Abend zwischen zwei Menus wählen. Es wird sich Reihenweise angestellt. Ray koordiniert die Sitzblöcke zum Essenfassen. Es hat eben alles seine Ordnung.
Heute Morgen wurden wir vom Blashorn geweckt. Ich lief gerade zum Speisesaal hinüber als es zu regnen begann. Wie auch schon gestern Abend, stand gleich der ganze Hof unter Wasser. Es nieselt nicht nur, nein es schüttet wie aus Eimern und das nun mittlerweile schon den ganzen Tag immer wieder und wieder. Wir bräuchten noch Gummistiefel um unser Zimmer zu erreichen… Es sah also so aus, als würde unser erster Arbeitstag ins Wasser fallen. Und dem war schlussendlich auch so. Raus aus den Birnenklamotten hauten wir uns noch eine Stunde aufs Ohr. Basti organisierte eine Mitfahrgelegenheit und so hatten wir die Möglichkeit im Dorf einkaufen zu gehen. Bei Pullar gab es keine Kopfkissen, hier gibt es dafür keine Bettlaken und Decken. Mittlerweile haben wir alles besorgt, was den Alltag hier recht gut erträglich macht. 
Morgen haben wir auch noch frei und am Sonntag geht es dann gut erholt an die Arbeit.

Donnerstag, 10. Februar 2011

5 Tage Melbourne und der erste Job

5 Tage Melbourne sind zu Ende gegangen… und es gibt eigentlich gar nicht viel zu berichten. Der erste Abend ist noch recht lustig ausgegangen. Zunächst waren wir auf der Suche nach einer Bar, in der wir uns mit unseren schwedischen Zimmergenossen treffen wollten. Auf dem Weg dahin hab ich mir Blasen gelaufen. Tja, das kommt davon, wenn man zivilisierte Schuhe trägt. Übrigens das erste Mal seit dem ich hier bin. Schlussendlich waren die Blasen allerdings leider umsonst, da wir uns entschieden, die Suche abzubrechen und ins Hostel zurückkehrten. Ich tauschte meine Sommerschuhe wieder gegen Flip Flops ein und wir gesellten uns zu einem Haufen gut gelaunter, etwas angetrunkener Menschen aus aller Welt aufs Rooftop (Dachgarten)… und waren nachher auch nicht mehr ganz nüchtern. Ich kann keinen Goon mehr sehen!
Die nächsten Tage haben wir damit verbracht einen Eindruck von Melbourne zu bekommen… wir haben die Stände des berühmten Victoria Market abgeklappert, sind durch zahlreiche Strassen geschlendert und haben Window Shopping betrieben, haben uns im 2nd  Hand Laden mit ein paar sehr günstigen Tops und T-Shirts eingekleidet und uns der Jobsuche gewidmet. Auf zahlreiche Onlinebewerbungen gab es noch immer keine Antwort. Resignation und schlechte Laune versuchten sich breitzumachen. Am Freitag waren wir am Hafen und haben unseren Lebenslauf spontan in zwei verschiedenen Restaurants abgegeben. Im Zweiten, dem „Hollyhook“, wurden wir gleich etwas genauer unter die Lupe genommen und für Samstag zum Probearbeiten eingeladen. Auf dem Rückweg schlenderten wir am Strand entlang, und wateten durch knöcheltiefes Wasser. Herrlicher Sand, nur das Wetter lud leider nicht zum Baden ein. Auf einer langen Mole, die weit ins Meer hinausreichte schauten wir einem Angler über die Schulter und erfuhren einige Tipps über Melbourne und Umgebung. Zum Abschied sollten wir 2 Fische mitnehmen, doch die Hostelküche war nicht nur nicht sauber sondern sau dreckig. Wie alles andere auch in unserem „Discovery Hotel“.

Es kam der Tag der Wahrheit, es war Samstagmorgen und mir war etwas mulmig zumute. Meine Servicezeit liegt ja nun doch schon 3 Jahre zurück… nun gab es kein zurück mehr, mein erster australischer Arbeitstag stand bevor. Ich mich seit Tagen mal wieder seriös gekleidet, so gar nicht entsprechend des Hostelklientels. Meine Schicht dauerte von 11.00 bis 14.00 Uhr und ich war direkt mitten im Geschehen. Im Service arbeiten ist wie Fahrrad fahren, man verlernt es nicht. Nur der Standard lässt leider etwas zu Wünschen übrig. Ich hätte schon einige Verbesserungsvorschläge und vielleicht bekomme ich die Gelegenheit diese umzusetzen. Es ist ein echt schönes, recht modernes, schlicht eingerichtetes Restaurant, das wohl erst vor ein paar Wochen nach dem Umbau neu eröffnet und noch nicht komplett fertig gestellt wurde. Es wird in den nächsten Wochen noch um einen Lounge- und Gartenbereich erweitert. Nach 3 Stunden getaner Arbeit, um 45 Dollar und eine schwarze Schürze reicher, wurde ich nach Hause geschickt. Am Montag bekomme ich meine Arbeitszeiten mitgeteilt. So schnell kann es gehen, innerhalb von 24 Stunden zum neuen Job, unglaublich irgendwie.

Nach Feierabend, wir mussten am Morgen noch in ein anderes Zimmer umziehen, traf ich auf neue interessante Mitbewohner. Einen Steinwurf vom Fenster entfernt, in einem Appartement im gegenüberliegenden Haus, wurde ein Geburtstag gefeiert. Es lief laute Musik und offensichtlich herrschte richtig gute Stimmung. Wir, zwei Mädels und ich, wurden herüber gewunken, wir sollten doch an der Party teilnehmen. Doch ich weigerte mich und zog noch 2 Stunden durch die Einkaufsstrassen um nach schwarzen Schuhen und einer schwarzen Hose für meinen neuen Job Ausschau zu halten. Ich hab mal wieder nichts gefunden und Lust hatte ich auch keine mehr. Was auch gut war, wie sich noch am gleichen Abend herausstellte.
Zurück im Hostel, war die Party noch immer im Gange und ich wurde wieder eingeladen rüber zu kommen. Eine gute Stunde später, Basti war immer noch nicht zurück, lies ich mich breitschlagen und machte mich auf die Suche nach dem Eingang. Schwuppdiwupp befand ich mich auch auf der Party. Eine meiner Mitbewohnerinnen war bereits da. Ich traf auf viele Studenten und junge Kerle aus Melbourne, die alle irgendwie noch nicht viel von Australien gesehen haben. Ich dachte ich könnte ein paar Tipps bekommen, stattdessen erfuhr ich, dass der ein oder andere schon mal in Deutschland war und sich auch sonst in der Welt gut auskannte. Naja, lustig war es trotzdem und nach 2 guten Gin Tonic hörte ich dann auch nicht mehr auf zu reden, bis Basti anrief und sich von seiner Arbeit zurückmeldete. Nachdem er von seiner Probeschicht, vollgesogen mit Informationen und weiteren Standarddefiziten, kam, wir die Lage diskutierten und aufgrund der Tatsache, dass dieses Restaurant offensichtlich wetterabhänig ist und die Mitarbeiter schon jetzt nicht auf ihre geplanten Stunden kommen, demnach der Verdienst sehr vage ist, und es noch nicht mal Lohnabrechnungen gibt, beschlossen, dass dies nur eine Übergangslösung sein wird.

Wir trafen uns am gleichen Abend noch mit Tim und Nicole, die beiden Deutschen, die uns nach Melbourne mitgenommen haben. Wir verabredeten uns in Fitzroy, einem uns bis dahin unbekannten Stadtteil von Melbourne. Mit der Straßenbahn versuchten wir den vereinbarten Ort zu erreichen. Dumm nur, dass die Bahnen am Abend nicht mehr alle fahren. Mit der Kirche ums Dorf gegurkt sind wir schlussendlich angekommen. Zum Samstagabend waren die Strassen waren voll von Menschen und wir wechselten von Bar zu Bar und Club zu Club. Basti und ich erfuhren, dass Tim und Nicole einen Job auf einer Farm zum Früchtepflücken in Aussicht hatten. Beziehungsweise planten am Montag ein Harvest Office (Erntebüro) aufzusuchen. Wir sind natürlich gleich hellhörig geworden und haben das Thema etwas vertieft und genauer nachgehakt. Durch andere Backpacker haben sie diesbezüglich ein paar Informationen und Adressen bekommen. Das klang alles sehr reizvoll und einige Drinks später war sicher, wir fahren mit. Basti und ich haben uns sozusagen eingeladen und der Restaurantjob rückte in weite Ferne.

Am Sonntag haben uns die beiden am Hostel abgeholt und wir haben uns auf den Weg in das ca. 250 km entfernte Cobram gemacht, das liegt direkt an der Grenze zu New South Wales. Tim und Nicole waren nach unserer langen Nacht erst gegen 9.30 Uhr im Bett, was die geplante Abfahrt um 10.00 Uhr auf den frühen Nachmittag verschob. In Cobram angekommen, erkundigten wir uns nach den Öffnungszeiten des Harvest Office, denn wir wollten am Montagmorgen die ersten sein, die sich für einen Job anmelden. Anschließend machten wir uns auf die Suche nach einer günstigen Unterkunft. Wir fanden ein hübsches Motel, zu viert hätten wir sogar einen Sonderpreis von $ 100.00 bekommen. Die nette Dame an der Reception, die bereits einige Fruit Picker beherbergt, hat uns gleich eine Farm empfohlen. Kurz entschlossen suchten wir diese Farm auf und trafen direkt noch eine Mitarbeiterin im Büro an. Freie Stellen zum Birnenpflücken waren sofort verfügbar. Sie drückte uns alle notwendigen Unterlagen in die Hand, die wir bis zum nächsten Morgen ausfüllen sollten, teilte uns Nummern zu und herzlichen Glückwunsch, wir hatten alle vier einen Erntejob. Wir konnten gleich dort übernachten und sollten am Montag um 7.00 Uhr mit unserer Arbeit beginnen. Basti und ich zogen in die Mess, ein Arbeiterlager, und Nicole und Tim parkten unweit entfernt mit ihrem Camper im Caravanpark. Ein Arbeiterlager, das irgendwie an eine Kaserne erinnert. In einem einstöckigen Barackenblock wurde uns ein Zimmer, vergleichbar mit einer Zelle, auf 3x3 Metern zugeteilt. Es gab kein Fenster, Wände aus blankem Stein und 2 Feldbetten mit einer 5 cm dicken Schaumstoffmatratze, auf der man sich wie in einer Hängematte fühlte. Lediglich zwei Sheets, eins als Bettlaken und eins zum Zudecken wurden uns zur Verfügung gestellt. Kein Kissen, keine Bettdecke, nichts. Eine Wäscheleine und günstig erstandene Kissen sollten das Wohnlichkeitsgefühl ein wenig steigern. Eine Situation wie in einem Bootcamp für schwer erziehbare Kinder. Was haben wir verbrochen? Quer über den Hof stand eine weitere Baracke, in der Duschen, Toiletten und Waschmaschinen zu finden waren. Im Gegensatz zum Hostel war das Waschen gratis, was die Wäsche jedoch auch nicht sauber werden lies. Und noch eine Baracke weiter befand sich der Speisesaal, wo Fred uns mit 3 Mahlzeiten am Tag versorgte.

Punkt sieben Uhr ging es nach dem Frühstück an die Arbeit. Wir wurden mit einem Erntesack ausgestattet, den man sich wie eine Schürze mit Beutel vorstellen muss, und wurden auf Anhängern, die jeweils hinter kleine Tracktoren montiert wurden zu unserem Block mit Bäumen gefahren. Die Farm ist 135h groß und besteht aus über 70’000 Bäumen. Nach einer kurzen Einweisung über die Pflücktechnik ging es los. Zunächst mussten wir auf Größe pflücken. Dazu bekamen wir einen Drahtring, der uns die Größe vorgab. Alle Birnen, die durch den Ring passten, sollten am Baum hängen bleiben. Eine sehr mühsame Arbeit, vor allem wenn man es wie ich ganz genau machen will und jede zweite Birne abmisst. Wenig später wurde die Anweisung widerrufen und wir sollten alle Früchte pflücken. Dass sich dadurch der Bin-Preis verringerte wurde uns jedoch verschwiegen. Der Tag verging wie im Flug. Man hat eine herrliche Ruhe beim Pflücken. Ich war nur mit mir, der Leiter, den Bäumen und den Birnen beschäftigt. Aber es ist auch sehr anstrengend. Es wurde 15.30 Uhr und unser Ganger, der Teamleader unserer Gang, so nennt sich eine Gruppe von Pflückern in einem Block, läutete den Feierabend ein. Ich war fix und fertig. Mir tat jede einzelne Grete weh und ich freute mich auf eine entspannende Dusche. Birnenpflücken ist gar keine sooo leichte Arbeit, es ist ein Knochenjob, denn man muss auch noch schnell sein, um möglichst viele Bin’s zu füllen, da man pro Bin bezahlt wird. Nachher haben wir uns noch mit Tim und Nicole zum Einkaufen verabredet, denn die Farm liegt etwas außerhalb und das Dorf ist ohne fahrbaren Untersatz schlecht zu erreichen. Wir haben den Nutzen der Pflückerei heiß diskutiert und ausgerechnet, wie viele Bin’s jeder täglich füllen sollte, damit sich die ganze Arbeit rentiert.

Dienstag, 1. Februar 2011

Roadtrip to Melbourne, Teil 2


… die Fahrt geht weiter...

Der „Lonely Planet“ Reiseführer hatte keine weiteren Geheimtipps für die südliche Küste von New South Wales, also entschieden wir uns die Strasse ins Landesinnere in Richtung Snowy Mountains zu nehmen. Schnee liegt hier im Hochsommer bei 45 Grad im Schatten natürlich keiner. Aber die Australischen Alpen sind wohl das einzige Gebirge in dem überhaupt Schnee fällt und wo es Skipisten gibt. Nördlich von Cooma haben wir unsere zweite Nacht auf der Numeralla River Rest Area verbracht. In der Dämmerung dort angekommen, haben wir noch das Zelt aufgebaut, ein Gläschen Wein getrunken, den gibt es im 4 Liter Schlauch und er ist mit $ 10,00 wirklich günstig und lässt sich (auch warm) sehr gut trinken, den einmaligen Sternenhimmel genossen und uns bettfertig gemacht. Nicole und Tim haben uns in dieser Nacht die Matratze im Van zur Verfügung gestellt und sind selber ins Zelt gezogen. Ich konnte sehr viel besser schlafen. Ohne Socken, langer Hose und dickem Pulli war es trotzdem zu kalt.
Am nächsten Morgen war es um 10.00 Uhr bereits bullig heiß. Die Sonne schien fast senkrecht vom Himmel und hinterließ eine drückende Hitze. Es gab ein gemütliches Frühstück im Schatten und ehe alle 7 Sachen gepackt waren schlug es schon Mittag. Nun endlich auf in die Snowy Mountains. Durch den Kosciuszko Nationalpark, gleichnamig dem höchsten Berg Australiens, ging es stetig bergauf was dem Motor offensichtlich zu schaffen machte. Die Temperatur stieg und das Kühlwasser fing an zu kochen. Links an den Straßenrand gefahren, nutzten wir den Schaden für eine kurze Pause. Das Wasser immer noch auf Siedetemperatur, schraubte Tim vollen Mutes den Kühlwasserbehälter, der sich direkt unter dem Beifahrersitz befindet, auf… eine Fontäne jagte durch den Van, eine Dampfsauna ist ein Scheißdreck dagegen. Alles wieder trocken gemacht und gerichtet, Monty hatte sich erholt, zogen wir weiter nach Thredbo. Nachdem wir den sehr überschaubaren Ort etwas genauer unter die Lupe genommen hatten und feststellten, dass hier wohl nur in der Wintersaison der Bär steppt und der Supermarkt bereits um 16.00 Uhr seine Türen schließt (wir hatten es bereits 16.10 Uhr) haben wir noch ein paar Flaschen Wasser teuer an der einzigen Tankstelle erstanden und uns auf die Suche nach dem schönsten der vier möglichen Campingplätze gemacht. Wir entschieden uns für die Nationalpark Diggens Rest Area. Sie ist sehr schön an einem kleinen Fluss mit glasklarem, einskaltem, gerade mal knietiefem Wasser gelegen. In der Sonne schimmerte der Fluss golden, doch was da nach kleinen Nuggets aussah war leider nur Katzengold. Bereits am Nachmittag gegen 16.45 Uhr dort angekommen, richteten wir das Nachtlager her, bauten das Zelt auf, installierten die Dusche und Nicole kochte unterdessen unser Abendessen. Am Campingtisch bequem gemacht ließen wir uns Nudeln mit Tomaten-Lachs-Mais-Oliven-Sauce schmecken. Und dazu gab es natürlich ein Gläschen von unserem leckeren Goon. Später liefen Basti und ich runter zum Fluss um Wasser zu holen, denn Trinkwasser war auf dem Campingplatz Fehlanzeige. Nicht mal am Outside Dummy (Plumpsklo) gab es eine Möglichkeit sich die Hände zu waschen. Nach einer kleinen Ewigkeit, die Sonne war fast untergegangen, kamen Basti und ich zurück zum Van. Wir wateten durchs Wasser, kühlten somit unsere am Vortag verbrannten Fußrücken und genossen in dieser einmaligen Landschaft auf etwa 1200 m Höhe die Dämmerung. Wir beobachteten kleine Känguruhs und Hasen beim Abendmahl in unmittelbarer Nähe am anderen Flussufer und unterhielten uns mit einem Einheimischen über Spinnen, Schlangen und andere Gefahren. Sein Tipp: Fasst nichts an, was schön ist, denn es ist mit Sicherheit lebensbedrohlich. Und wenn wir in neue Ortschaften oder Gegenden kommen, wo wir uns nicht auskennen, sollen wir doch zu allererst ein Bierchen im lokalen Pup trinken gehen und uns bei Bewohnern der Region über die Gegebenheiten informieren.
Bis spät in die Nacht, alle um uns herum hatten sich bereits Schlafen gelegt, saßen wir zu viert  in gemütlicher Runde und plauderten bei Wein und Kerzenschein aus dem Nähkästchen. Der Morgen begann mit einer erfrischenden Dusche und einer Schüssel Cornflakes. Es war gleich wieder unerträglich heiß und die Krähen um uns herum unzählbar. Alles verstaut fuhren wir zurück in das kleine fast ausgestorbene Örtchen Thredbo. Eine der vielen Liftanlagen ist auch im Sommer in Betrieb. Mit dem Sessellift fuhren wir auf 1927 m über zahlreiche (hellblaue bis maximal rosarote) Skipisten mit noch mehr Beschneiungsanlagen hinweg. Von dort hatten wir eine herrliche Aussicht über die Snowy Mountains. Ein 2 km langer Pfad, vielmehr ein etwa 30 cm über dem Boden montiertes Gitter, führte uns zum Mt. Kosciuszko Lookout auf 2000 m Höhe. Man lief also nicht wie üblich über Stock und Stein sowie gelegentlich durch kleine Bäche sondern schön gepflegt über eine gerade Fläche aus Metal, die sich quer über die Bergwiesen zog. Wanderschuhe ließen sich hier sehr gut durch Flip Flops ersetzen. Weitere 4,5 km wäre der ebenmäßige Gitterweg bis zum Gipfel, des mit 2228 m höchsten Berges der Australischen Alpen, gewesen. Aber dazu war es eindeutig zu heiß und eigentlich hätten wir nach 24 Stunden also bis 14.06 Uhr den Nationalpark, in dem wir uns immer noch befanden, wieder verlassen sollen. Es war dann sicher schon 16.30 Uhr als wir endlich raus waren, aber das hat zu unserer Verwunderung sowieso niemanden interessiert.
Auf der Fahrt zur nächsten und geplanten letzten Rest Area namens Pigs Point haben wir die Grenze nach Victoria überquert und Basti hat für ca. 100 km das rechte Steuer übernommen. Auf dem Pigs Point angekommen übernahm Basti den Schwung des Kochlöffels um uns für das vorabendliche Diner zu revanchieren. Es gab Pasta mit einer super feinen Petersilienkäsesauce und dazu den alltäglichen lauwarmen Goon. Der Campingplatz lag ebenfalls an einem kleinen Fluss, der aber leider nicht so schön war. Ich lief zum Händewaschen hinunter und wurde sogleich freundlich von Australiern angesprochen und mit Tipps versorgt. Dass wir deutscher Herkunft sind machte unter den 3 anwesenden Wohnwagen gleich die Runde. Ein einzelner Herr kam mit ein paar genuschelten deutschen Worten auf den Lippen lächelnd auf uns zu und versorgte uns mit zwei kleinen Schüsseln voll frisch gepflückter süßer Brombeeren. Nachdem der Abwasch erledigt, der Goone geleert und wir von unzähligen Mücken zerstochen waren, entschieden wir uns schon früher ins Bett zu gehen, da wir planten am nächsten Tag etwas früher aufzustehen um das noch 300 km entfernte Melbourne zu erreichen. Doch nicht so früh aufgestanden, am Fluss erfrischt, das Haar zerzaust, ungeschminkt und mit einer Schale Cornflakes gestärkt setzten wir uns 11.30 Uhr in Gang um auf dem Highway ohne nach links und rechts zu schauen nach Melbourne durchzufahren.  
Es ist jetzt 16.25 Uhr, 50 km vor den Toren von Melbourne, bei gefühlten 50 Grad im Van, ich fließe davon und habe die Erlebnisse der letzten Tage abgetippt. Später werde ich den Eintrag noch posten…
Das Hostel für heute Abend, direkt in der Melbourne City, ist bereits ausgesucht und die Dusche schreit schon ganz laut meinen Namen. Nachher werden wir vielleicht noch mit unseren Wegbegleitern Nicole und Tim gemütlich etwas Trinken gehen und den gemeinsamen, sehr eindrucksvollen Trip revue passieren lassen…

... nach ziemlich genau 1500 km Fahrt und exakt 4 Tagen und 4 Nächten sind wir total schmuddelig in Melbourne angekommen, haben bereits unser Hostel bezogen und ausgibig geduscht. Wir teilen uns das Zimmer mit drei sehr netten Schweden, mal sehen was der Abend noch so bringt...