5 Tage Melbourne sind zu Ende gegangen… und es gibt eigentlich gar nicht viel zu berichten. Der erste Abend ist noch recht lustig ausgegangen. Zunächst waren wir auf der Suche nach einer Bar, in der wir uns mit unseren schwedischen Zimmergenossen treffen wollten. Auf dem Weg dahin hab ich mir Blasen gelaufen. Tja, das kommt davon, wenn man zivilisierte Schuhe trägt. Übrigens das erste Mal seit dem ich hier bin. Schlussendlich waren die Blasen allerdings leider umsonst, da wir uns entschieden, die Suche abzubrechen und ins Hostel zurückkehrten. Ich tauschte meine Sommerschuhe wieder gegen Flip Flops ein und wir gesellten uns zu einem Haufen gut gelaunter, etwas angetrunkener Menschen aus aller Welt aufs Rooftop (Dachgarten)… und waren nachher auch nicht mehr ganz nüchtern. Ich kann keinen Goon mehr sehen!
Die nächsten Tage haben wir damit verbracht einen Eindruck von Melbourne zu bekommen… wir haben die Stände des berühmten Victoria Market abgeklappert, sind durch zahlreiche Strassen geschlendert und haben Window Shopping betrieben, haben uns im 2nd Hand Laden mit ein paar sehr günstigen Tops und T-Shirts eingekleidet und uns der Jobsuche gewidmet. Auf zahlreiche Onlinebewerbungen gab es noch immer keine Antwort. Resignation und schlechte Laune versuchten sich breitzumachen. Am Freitag waren wir am Hafen und haben unseren Lebenslauf spontan in zwei verschiedenen Restaurants abgegeben. Im Zweiten, dem „Hollyhook“, wurden wir gleich etwas genauer unter die Lupe genommen und für Samstag zum Probearbeiten eingeladen. Auf dem Rückweg schlenderten wir am Strand entlang, und wateten durch knöcheltiefes Wasser. Herrlicher Sand, nur das Wetter lud leider nicht zum Baden ein. Auf einer langen Mole, die weit ins Meer hinausreichte schauten wir einem Angler über die Schulter und erfuhren einige Tipps über Melbourne und Umgebung. Zum Abschied sollten wir 2 Fische mitnehmen, doch die Hostelküche war nicht nur nicht sauber sondern sau dreckig. Wie alles andere auch in unserem „Discovery Hotel“.
Es kam der Tag der Wahrheit, es war Samstagmorgen und mir war etwas mulmig zumute. Meine Servicezeit liegt ja nun doch schon 3 Jahre zurück… nun gab es kein zurück mehr, mein erster australischer Arbeitstag stand bevor. Ich mich seit Tagen mal wieder seriös gekleidet, so gar nicht entsprechend des Hostelklientels. Meine Schicht dauerte von 11.00 bis 14.00 Uhr und ich war direkt mitten im Geschehen. Im Service arbeiten ist wie Fahrrad fahren, man verlernt es nicht. Nur der Standard lässt leider etwas zu Wünschen übrig. Ich hätte schon einige Verbesserungsvorschläge und vielleicht bekomme ich die Gelegenheit diese umzusetzen. Es ist ein echt schönes, recht modernes, schlicht eingerichtetes Restaurant, das wohl erst vor ein paar Wochen nach dem Umbau neu eröffnet und noch nicht komplett fertig gestellt wurde. Es wird in den nächsten Wochen noch um einen Lounge- und Gartenbereich erweitert. Nach 3 Stunden getaner Arbeit, um 45 Dollar und eine schwarze Schürze reicher, wurde ich nach Hause geschickt. Am Montag bekomme ich meine Arbeitszeiten mitgeteilt. So schnell kann es gehen, innerhalb von 24 Stunden zum neuen Job, unglaublich irgendwie.
Nach Feierabend, wir mussten am Morgen noch in ein anderes Zimmer umziehen, traf ich auf neue interessante Mitbewohner. Einen Steinwurf vom Fenster entfernt, in einem Appartement im gegenüberliegenden Haus, wurde ein Geburtstag gefeiert. Es lief laute Musik und offensichtlich herrschte richtig gute Stimmung. Wir, zwei Mädels und ich, wurden herüber gewunken, wir sollten doch an der Party teilnehmen. Doch ich weigerte mich und zog noch 2 Stunden durch die Einkaufsstrassen um nach schwarzen Schuhen und einer schwarzen Hose für meinen neuen Job Ausschau zu halten. Ich hab mal wieder nichts gefunden und Lust hatte ich auch keine mehr. Was auch gut war, wie sich noch am gleichen Abend herausstellte.
Zurück im Hostel, war die Party noch immer im Gange und ich wurde wieder eingeladen rüber zu kommen. Eine gute Stunde später, Basti war immer noch nicht zurück, lies ich mich breitschlagen und machte mich auf die Suche nach dem Eingang. Schwuppdiwupp befand ich mich auch auf der Party. Eine meiner Mitbewohnerinnen war bereits da. Ich traf auf viele Studenten und junge Kerle aus Melbourne, die alle irgendwie noch nicht viel von Australien gesehen haben. Ich dachte ich könnte ein paar Tipps bekommen, stattdessen erfuhr ich, dass der ein oder andere schon mal in Deutschland war und sich auch sonst in der Welt gut auskannte. Naja, lustig war es trotzdem und nach 2 guten Gin Tonic hörte ich dann auch nicht mehr auf zu reden, bis Basti anrief und sich von seiner Arbeit zurückmeldete. Nachdem er von seiner Probeschicht, vollgesogen mit Informationen und weiteren Standarddefiziten, kam, wir die Lage diskutierten und aufgrund der Tatsache, dass dieses Restaurant offensichtlich wetterabhänig ist und die Mitarbeiter schon jetzt nicht auf ihre geplanten Stunden kommen, demnach der Verdienst sehr vage ist, und es noch nicht mal Lohnabrechnungen gibt, beschlossen, dass dies nur eine Übergangslösung sein wird.
Wir trafen uns am gleichen Abend noch mit Tim und Nicole, die beiden Deutschen, die uns nach Melbourne mitgenommen haben. Wir verabredeten uns in Fitzroy, einem uns bis dahin unbekannten Stadtteil von Melbourne. Mit der Straßenbahn versuchten wir den vereinbarten Ort zu erreichen. Dumm nur, dass die Bahnen am Abend nicht mehr alle fahren. Mit der Kirche ums Dorf gegurkt sind wir schlussendlich angekommen. Zum Samstagabend waren die Strassen waren voll von Menschen und wir wechselten von Bar zu Bar und Club zu Club. Basti und ich erfuhren, dass Tim und Nicole einen Job auf einer Farm zum Früchtepflücken in Aussicht hatten. Beziehungsweise planten am Montag ein Harvest Office (Erntebüro) aufzusuchen. Wir sind natürlich gleich hellhörig geworden und haben das Thema etwas vertieft und genauer nachgehakt. Durch andere Backpacker haben sie diesbezüglich ein paar Informationen und Adressen bekommen. Das klang alles sehr reizvoll und einige Drinks später war sicher, wir fahren mit. Basti und ich haben uns sozusagen eingeladen und der Restaurantjob rückte in weite Ferne.
Am Sonntag haben uns die beiden am Hostel abgeholt und wir haben uns auf den Weg in das ca. 250 km entfernte Cobram gemacht, das liegt direkt an der Grenze zu New South Wales. Tim und Nicole waren nach unserer langen Nacht erst gegen 9.30 Uhr im Bett, was die geplante Abfahrt um 10.00 Uhr auf den frühen Nachmittag verschob. In Cobram angekommen, erkundigten wir uns nach den Öffnungszeiten des Harvest Office, denn wir wollten am Montagmorgen die ersten sein, die sich für einen Job anmelden. Anschließend machten wir uns auf die Suche nach einer günstigen Unterkunft. Wir fanden ein hübsches Motel, zu viert hätten wir sogar einen Sonderpreis von $ 100.00 bekommen. Die nette Dame an der Reception, die bereits einige Fruit Picker beherbergt, hat uns gleich eine Farm empfohlen. Kurz entschlossen suchten wir diese Farm auf und trafen direkt noch eine Mitarbeiterin im Büro an. Freie Stellen zum Birnenpflücken waren sofort verfügbar. Sie drückte uns alle notwendigen Unterlagen in die Hand, die wir bis zum nächsten Morgen ausfüllen sollten, teilte uns Nummern zu und herzlichen Glückwunsch, wir hatten alle vier einen Erntejob. Wir konnten gleich dort übernachten und sollten am Montag um 7.00 Uhr mit unserer Arbeit beginnen. Basti und ich zogen in die Mess, ein Arbeiterlager, und Nicole und Tim parkten unweit entfernt mit ihrem Camper im Caravanpark. Ein Arbeiterlager, das irgendwie an eine Kaserne erinnert. In einem einstöckigen Barackenblock wurde uns ein Zimmer, vergleichbar mit einer Zelle, auf 3x3 Metern zugeteilt. Es gab kein Fenster, Wände aus blankem Stein und 2 Feldbetten mit einer 5 cm dicken Schaumstoffmatratze, auf der man sich wie in einer Hängematte fühlte. Lediglich zwei Sheets, eins als Bettlaken und eins zum Zudecken wurden uns zur Verfügung gestellt. Kein Kissen, keine Bettdecke, nichts. Eine Wäscheleine und günstig erstandene Kissen sollten das Wohnlichkeitsgefühl ein wenig steigern. Eine Situation wie in einem Bootcamp für schwer erziehbare Kinder. Was haben wir verbrochen? Quer über den Hof stand eine weitere Baracke, in der Duschen, Toiletten und Waschmaschinen zu finden waren. Im Gegensatz zum Hostel war das Waschen gratis, was die Wäsche jedoch auch nicht sauber werden lies. Und noch eine Baracke weiter befand sich der Speisesaal, wo Fred uns mit 3 Mahlzeiten am Tag versorgte.
Punkt sieben Uhr ging es nach dem Frühstück an die Arbeit. Wir wurden mit einem Erntesack ausgestattet, den man sich wie eine Schürze mit Beutel vorstellen muss, und wurden auf Anhängern, die jeweils hinter kleine Tracktoren montiert wurden zu unserem Block mit Bäumen gefahren. Die Farm ist 135h groß und besteht aus über 70’000 Bäumen. Nach einer kurzen Einweisung über die Pflücktechnik ging es los. Zunächst mussten wir auf Größe pflücken. Dazu bekamen wir einen Drahtring, der uns die Größe vorgab. Alle Birnen, die durch den Ring passten, sollten am Baum hängen bleiben. Eine sehr mühsame Arbeit, vor allem wenn man es wie ich ganz genau machen will und jede zweite Birne abmisst. Wenig später wurde die Anweisung widerrufen und wir sollten alle Früchte pflücken. Dass sich dadurch der Bin-Preis verringerte wurde uns jedoch verschwiegen. Der Tag verging wie im Flug. Man hat eine herrliche Ruhe beim Pflücken. Ich war nur mit mir, der Leiter, den Bäumen und den Birnen beschäftigt. Aber es ist auch sehr anstrengend. Es wurde 15.30 Uhr und unser Ganger, der Teamleader unserer Gang, so nennt sich eine Gruppe von Pflückern in einem Block, läutete den Feierabend ein. Ich war fix und fertig. Mir tat jede einzelne Grete weh und ich freute mich auf eine entspannende Dusche. Birnenpflücken ist gar keine sooo leichte Arbeit, es ist ein Knochenjob, denn man muss auch noch schnell sein, um möglichst viele Bin’s zu füllen, da man pro Bin bezahlt wird. Nachher haben wir uns noch mit Tim und Nicole zum Einkaufen verabredet, denn die Farm liegt etwas außerhalb und das Dorf ist ohne fahrbaren Untersatz schlecht zu erreichen. Wir haben den Nutzen der Pflückerei heiß diskutiert und ausgerechnet, wie viele Bin’s jeder täglich füllen sollte, damit sich die ganze Arbeit rentiert.