Geelong ist keine besonders sehenswerte Stadt. Backpacker sind hier sehr seltene Gäste, wie wir erfahren haben. Und nach einer weiteren Nacht im Motel machten wir uns endlich auf nach Torquay, dem Beginn der Great Ocean Road. Unser Van brauchte noch etwas Zeit. Offensichtlich hatte die Werkstatt in Melbourne, die wichtigen Mängel, die eine Straßentauglichkeit relativ unmöglich machen, übersehen. Die Reparaturkosten beliefen sich schlussendlich auf $ 1210,50 und uns wurden glücklicherweise nur die Hälfte von 9 Arbeitsstunden berechnet. Aber Eddy schnurrt nun wie ein Kätzchen und man kann, wie mit jedem anderen automatisch betriebenen Auto, in „D“ anfahren, ohne dass er wie bekloppt rüttelt und jedes Mal alles wild durch die Gegend fliegt…
Der erste Abschnitt der Great Ocean Road bis Lorne war relativ unspektakulär. Bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein hätte die Fahrt entlang der Küste wahrscheinlich einen anderen Eindruck gemacht, aber wir mussten uns mit einem grauen und wolkenverhangenen Himmel abfinden. Wir kamen an einem Leuchtturm, dem Split Point, und dem Eagle Rock, ein riesiger Fels vor der Küste im Meer, vorbei. Das Meer hatte sehr starken Wellengang und überall waren jede Menge Surfer unterwegs. In Lorne angekommen, waren wir am Teddy Lookout, von wo man eine schöne Sicht aufs Meer und ein Stück der Great Ocean Road hat. Auf dem Rückweg zum Van fing es wolkenbruchartig an zu regnen und über die nächsten 24 Stunden hatte sich daran auch nicht viel geändert. Im Gegenteil, am nächsten Tag hingen die Wolken schon so tief, dass sie einem jegliche Sicht versperrten. Ein Käsefondue in einer gemütlichen Berghütte mit prasselndem Kaminfeuer wäre genau das Richtige gewesen, anstatt im kalten Van durch die Gegend zu fahren und die auf die Scheibe prasselnden Regentropfen zu beobachten…
Anschließend sind wir zu den Erskine Falls gefahren. Über insgesamt 322 Stufen gelangten wir zum Fuße des Wasserfalls. Der Weg führte vorbei an Farnen, so groß wie Palmen, und durch einen Wald wie aus einem Märchen. Der Regen hatte für ein paar Minuten ausgesetzt und uns die Möglichkeit eingeräumt, den Blick zu genießen und ein paar Fotos zu schießen, doch treppaufwärts fing er wieder an.
Nachdem wir alles sehenswerte, was der „Lonely Planet“ hergab, in Lorne abgegrast hatten, suchten wir eine Rest Area auf, die etwas abseits lag. Der Weg führte uns über teils unbefestigte Straßen quer durch die Natur. Der Campingplatz war extrem schlammig und wir positionierten uns unweit der Outside Dunnys unter wessen Vordach sich, zum Schutz vor dem Regen, zwei Schweizer und drei Deutsche gesellten. Nach einem kurzen Plausch fuhren Basti und ich nochmals nach Lorne zurück, über die Hauptstraße diesmal, um ein paar Getränke zu besorgen. Wieder angekommen, holten alle ihre Stühle herbei und so saßen wir in gemütlicher Runde an diesem einzigen trockenen Fleckchen.
Am Morgen, welch Freude, hatte es für ein paar Stunden aufgehört zu regnen, beseitigten wir das entstandene Chaos in unserem Van, denn nach den Motelnächten hatten wir unsere mitgenommen sieben Sachen genauso schnell wir sie zusammengesucht hatten auch wieder fallen lassen, ließen Lorne hinter uns und fuhren weiter in Richtung Apollo Bay.
Direkt neben der Straße saßen eine ganze Menge weiße Kakadus. Sehr schöne Tiere, denen man sogar das Sprechen beibringen kann, wie wir in der Werkstatt in Melbourne erlebt haben, wo wir unser Auspuffrohr angeschweißt bekommen haben, denn dort saß ein solcher Vogel, der uns mit „Hello“ begrüßte, im Käfig. Und ich erinnere mich an ein Schild, das neben ihm hing, auf dem stand „don´t touch“ (nicht anfassen)…
Die Vögel waren dabei die ganze Grasnarbe herauszureißen und nach etwas Essbarem zu wühlen. Eigentlich bin ich nur zum Fotos machen ausgestiegen bis Basti mit meinem restlichen Knoblauchbrot, dass ich an unserem letzten Abend in Melbourne vom Abendessen mitgenommen habe, über die Straße gelaufen kam. Die Kakadus fraßen uns das Brot aus der Hand und saßen mir auf dem Arm, der Schulter und meinem Rücken. Einige haben mich oberhalb der Hose in meine Seite und unterhalb in meine Fersen gebissen. Ein bei Basti auf der Schulter sitzender Vogel hat sich mit seinem weichen Körper an sein Ohr gekuschelt. Die sind so süß!!! Gerne hätte ich einen eingepackt und mitgenommen:’). Aber immerhin ein paar gelungene Fotos konnten wir machen.
Der erste Stopp in Richtung Apollo Bay war ein weiterer Wasserfall. Auf dem Parkplatz gab es erstmal Frühstück, eine Schüssel Cornflakes und eine Tasse Kaffee, bevor wir uns auf den 1,2 km langen Weg zum Wasserfall machten. Kurz vor Aufbruch füllte sich der Parkplatz mit weiteren Campervans denen, natürlich, Deutsche und Schweizer entstiegen. Der Buschwalk zum Wasserfall war sehr idyllisch. Oben angekommen kletterten wir über das Flussbett, was laut Hinweißschild nicht erlaubt ist, in eine Höhle, wo wir den nächsten Regenguss abwarteten. Auf dem Weg nach Unten waren wir so ins Gespräch vertieft, dass wir die Abzweigung und damit den Weg zum Fuße des Wasserfalls vergaßen, wie mir später am Tag plötzlich einfiel. Auf der Küstenstraße hielten wir für das ein oder andere Foto an, aber auch dieser Abschnitt ist nicht wirklich lohnenswert. Von einem Lookout, wo man bei niedrigen Pegelständen noch Wrackteile eines gesunkenen Schiffs und einen Anker in unmittelbarer Strandnähe erkennen soll, und sich das Grab des Seefahrers Godfrey befand, ging ein ziemlich steiler Weg, der Godfrey Track, auf der gegenüberliegenden Straßenseite durch den Wald. Wir liefen gefühlte 2 Stunden auf der Suche nach Koalas durch die Eukalyptusbäume und wurden sogar fündig. 6,5 Koalas liefen uns über den Weg, oder besser gesagt, wir über deren. Eine Mama mit Baby auf dem Rücken war auch dabei:’). Und wir haben seltsame kleine rote Frösche gefunden, die ohrenbetäubende Geräusche von sich geben, wenn sie sich in ihrem Versteck aus Blättern und Ästen sicher fühlen.Wenig später kamen wir an einen weiteren Wasserfall. Die Wegbeschreibung von 15 Minuten je Weg, sollten sie auf 5 Minuten hin und zurück abändern.
In Apollo Bay angekommen, wir gönnten uns Kaffee und Kuchen, haben wir den Tag für abgeschlossen erklärt. Die Dunkelheit setzte ein, der Regen wollte nicht aufhören und es war kalt. Bei schlechten Sichtverhältnissen fuhren wir, ohne eine Menschenseele anzutreffen, ca. 28 km von der Küste weg in den Otway Nationalpark. Die Straße an sich war schon ein Highlight, sehr schmal und extrem kurvenreich. Stock dunkel war es mittlerweile geworden, schlängelten wir uns bei vorgegebenen 20-40 km/h durch den Urwald. Gleich neben dem Campingplatz ging es mal wieder zu einem Wasserfall, dem Beauchamp Fall, den wir uns am nächsten Morgen mit der Hoffnung auf besseres Wetter ansehen wollten. Doch leider mussten wir feststellen, dass der Weg, aufgrund der massiven Regenfälle, gesperrt wurde. Nach dem Frühstück ging es also weiter. Schon am Vorabend kamen wir an zahlreichen Wegweisern, mit interessanten sehenswerten Tipps, vorbei, die nun unsere ersten Ziele darstellten. Vorbei an einem Treetopadventure-Park, den wir einstimmig beschlossen nicht zu besuchen, da schöne Ausblicke und das Antreffen von Koalas versprochen wurden, die wir selbst genug in freier Wildbahn gesehen hatten, und an diesem Tag sollten es sogar noch mehr aus nächster Nähe werden. Und die Ausblicke finden wir auch ohne Eintritt:’)
Als nächstes kamen wir an die Hopetoun Falls, auch hier hätten wir in der angegeben Gehzeit von 40 Minuten ca. 3 Mal hin und zurück spazieren können. Und an die Triplet Falls. Jedes Mal führten uns die Wege durch Urwald und einzigartige Natur. Basti hätte sich gerne noch weitere Wasserfälle, die auf braunen Schildern, und damit für Touristen kenntlich gemacht wurden, am Straßenrand ausgeschrieben waren, angesehen, doch mir hat es irgendwann gereicht. Es fließt ja doch jedes Mal nur Wasser die Felsen hinunter…
Unser nächstes Ziel war das Cape Otway Lighthouse, das jedoch, als wir es endlich erreichten, bereits geschlossen hatte. Denn auf dem Weg dahin sind wir an unzähligen Koalas vorbei gekommen. Schon aus dem fahrenden Van heraus konnten wir sie in den Bäumen links und rechts der Straße sitzen sehen. In jedem 2. oder 3. Baum hockten diese ständig schlafenden Tiere. Einer saß in einem über die Straße hängenden Ast. Nachdem wir vergebens mit der Räuberleiter versuchten ihn zu erreichen, oder zumindest am Ast zu rütteln, damit er herunterkommt, parkten wir den Van direkt unter ihm. Basti konnte es sich nicht nehmen lassen auf den Van zu klettern und zu versuchen den Koala zu wecken und herunterzuholen, was ihm jedoch nicht gelang. Wie ein kleiner Junge turnte er auf dem Van herum und zog an der sich abschälenden Rinde des Astes. Den Koala hat die ganze Aktion nicht die Bohne interessiert. Er schlief unbekümmert weiter.
Da trotz der geschlossenen Tore kein Herankommen an den Leuchtturm war, fuhren wir die Straße ein Stück zurück und ließen den Van an der Seite stehen. Durch Stacheldrahtzäune und über Kuhweiden machten wir uns auf den Weg zur Küste in der Hoffnung wenigstens einen guten Blick auf den Leuchtturm zu erhaschen. Dem war leider nicht so. Wir fanden uns an einer ziemlich hohen Steilküste wieder, die den Weg nach unten zum Strand, wenn man überhaupt von einem Strand sprechen konnte, leider völlig unmöglich machte. Zurück zum Van fuhren wir Richtung Point Franklin und Crayfish Bay, wieder zwei Orte, die auf einem braunen Wegweiser als sehenswert angepriesen wurden. Und die wir deshalb natürlich nicht außer Acht lassen durften;’). Wir ließen den Van stehen und wie immer mit Fotoapparat bewaffnet, folgten wir den Schildern. Unten am Strand angekommen liefen wir von einer Bucht zur nächsten, immer noch in der Hoffnung dem Leuchtturm etwas näher zu kommen. Wir wateten durch den Sand, kamen an alten Schiffswrackteilen vorbei, hielten nach Muscheln Ausschau und genossen das Meeresrauschen. Langsam setzte die Dunkelheit ein. Doch statt umzukehren liefen wir einfach weiter. Als die Sonne nun fast unterzugehen drohte entschieden wir uns über Felsen die Klippe hinauf zu klettern, wo wir inmitten von hüfthohem störrischem Gestrüpp standen. Im Wettlauf gegen die Sonne bahnten wir uns einen Weg durch die dichten Büsche. Die Sonne war mittlerweile ganz untergegangen als wir an einem verlassenen Grundstück vorbeikamen, das uns vorher, als wir es von der Straße aus in weiter Entfernung liegen sahen, neugierig machte, und nun eine Angst einflößende Wirkung auf mich hatte. Auf dem Grundstück, dass von Stacheldraht umzäunt war, stand ein Gebäude, das von Weitem eine Ruine hätte sein können, doch aus der Nähe betrachtet eher den Eindruck erweckte, es sei noch nicht ganz fertig gestellt worden. Mittlerweile geübt passierten wir den Stacheldrahtzaun und rannten den hinter dem Grundstück abfallenden Hügel hinunter. Auf der nächsten Erhöhung konnten wir vom Mond angestrahlt in der Dunkelheit unseren Van erahnen. Hand in Hand überquerten wir die Wiese um einander nicht zu verlieren. Die Angst vor Schlangen und wilden Tieren stieg unaufhaltsam in uns auf. „Nicht nachdenken und einfach laufen“ murmelten wir immer wieder vor uns her. In der Senke angekommen ging es wieder bergauf. Hinter dem nächsten Stacheldrahtzaun wurde es sumpfig. Ohne darüber nachzudenken nahmen wir unsere Beine in die Hand und stiefelten durch das immerdichter werdende und mittlerweile mannshohe Gestrüpp. Voller Panik kämpften wir uns durch die Büsche und kamen glücklicherweise genau am Van wieder raus. Als wir im Auto saßen konnten wir nur noch über diese Aktion lachen. Und es sollte spannend weiter gehen. Auf der Straße zurück auf die Great Ocean Road, immer noch im Otway Nationalpark, lief uns etwa in der Höhe, wo wir bereits am Nachmittag angehalten hatten, tatsächlich ein Koala über den Weg. Völlig gebannt hielten wir an und beobachteten den kleinen Kerl, wie er völlig benebelt über die Straße lief. Ich war so fasziniert, das es eine halbe Ewigkeit dauerte bis ich meinen Fotoapparat parat hatte und endlich ausgestiegen war. Basti kam kurze Zeit später hinterher gesprungen und streichelte ihn sogar, bis er sich im Unterholz am Straßenrand verkrochen hatte. Kaum eingestiegen und weitergefahren, hockte der nächste Koala auf der Straße. Blitzschnell ausgestiegen konnten wir den Kerl diesmal aus nächster Nähe beobachten. Er lief die Straße entlang und gab grunzende Geräusche von sich. Er war so süß anzuschauen und hatte sich auch bald im Gebüsch in Sicherheit gebracht.
Die Nacht verbrachten wir auf dem Aire River West Campground. Die Straße dahin war wiedermal ein Highlight. Unbefestigt und mit Schlaglöchern übersät. Die Huckelpiste ließ höchstens 30 km/h zu, was sich dennoch wie 130 km/h anfühlte. Unser gesamter Hausrat hatte sich selbstständig gemacht. Die Rest Area lag sehr idyllisch direkt neben dem Aire River. Wir parkten neben einem kanadischen Pärchen und zum Abendessen gab es mal wieder Nudeln mit Sauce. Am nächsten Morgen ging es voll bepackt mit Tipps über South Australia, die uns die Kanadier mit auf den Weg gaben, zurück über auf die Great Ocean Road. Jeder Lookout links der Straße gehörte uns. Anhalten, aussteigen, Fotos machen, einsteigen, weiterfahren… typische Touristen. Wir entwickelten eine neue Sportart – in kurzer Zeit alles sehen:’). Unser Tank neigte sich dem Ende entgegen, doch nichts desto trotz setzten wir unsere Bilderjagd unbekümmert fort. Über abgelegene Seitenstraßen, Holperstrecken und Stock und Stein brachte Eddy uns von einem Aussichtspunkt zum Nächsten. Gerade noch rechtzeitig fanden wir vor einem Dorfcafé in Princetown eine Tanksäule, die uns die Weiterfahrt ermöglichte. Weiter ging es zu den eigentlichen Highlights der Great Ocean Road: Gibson Steps, 12 Apostles, Loch Ard Gorge, the Arch, London Bridge und the Grotto. Doch es dauert viel zu lange, wenn ich versuchen würde, alles aufzuschreiben, was wir hier erlebt und gesehen haben. Mehrerer hundert Bilder später, die die Szenarien und Eindrücke vermutlich sowieso besser wieder geben als nur Worte, neigte sich der letzte Tag in Victoria seinem Ende entgegen. Wir fuhren noch nach Peterborough, wo wir nach einer eiskalten Dusche auf einem Truckparkplatz neben dem Highway unser Lager aufschlugen. Am fünften Tag unseres Trips fuhren wir nach Warrnambool und von dort aus direkt weiter nach South Australia…